die Wahrscheinlichkeit, dass ich Dich jemals persönlich kennengelernt hätte, ist sicherlich als sehr gering anzusetzen.

Die Zeiten zwischen den Weltkriegen, die Flucht Deines Sohnes und seines Sohnes, meinem wunderbaren Großvater, würden ein Treffen unwahrscheinlich gemacht haben.

Warum ich Dir, lieber Otto Franz Friedrich Pallesch, trotzdem diese Zeilen schreibe, wirst Du Dich fragen?

Aufgrund meines Wunsches, unsere gemeinsame Familie besser kennenzulernen, sind mir viele Fakten bekannt geworden, schöne – aber leider auch sehr traurige.

Du, lieber Urgroßvater, hast um den 21.10.1916 Dein Leben verloren, in einem der vielen sinnlosen Kriege der Menschheit.

Ich habe heute eine Nachricht vom Volksbund erhalten, die meine Herz sehr berührt. Ja, ich weiß, dass schier unzählige Menschen ihr Leben verloren haben, auf allen politischen und militärischen Seiten. 

Ich werde vermutlich niemals erfahren, wie Du warst, welche Auffassungen Du vertreten hast, ob Du ein lieber Vater und Großvater warst.

Aber, die Fakten kann ich nennen, so dass das Internet als eine Art von virtuellem Gedächtnis dienen kann.

  • Du wurdest am 20. September 1881 in Franzhausen bei Stettin geboren und wurdest evangelisch getauft.
  • Mit knapp 23 Jahren hast Du in Stettin, Herrenwiesenstraße 69 gelebt und am 05.07.1914 meine Urgroßmutter, Bertha Maria Martha Kaddatz geheiratet.
  • Von Beruf warst Du Bäckergeselle und in Stettin tätig.
  • Im Jahr 1905 bist Du in die Roßmarktstraße 9 gezogen, ab 1907 war Dein Wohnort in der Saunierstraße 13, beide Straßen in Stettin.
  • Das nächste mir bekannte Ereignis ist die Mitteilung auf einer „Deutschen Verlustliste“, dass Du vermisst wirst.
  • Dann finde ich den Hinweis, dass Du, lieber Urgroßvater, das letzte Mal am 25.09.1916 „im Westen“ gesehen wurdest. Als Soldat des Westpreußischen Infanterieregiments 149 (11 Kompanie) hast Du in der Schlacht an der Somme gedient und vermutlich ein „Kameradengrab“ in Rancourt gefunden.

 

Mitteilung des Volksbundes

Mit den von Ihnen erwähnten Eintrag beim Internationalen Komitée des Roten Kreuzes Genf konnten wir hier finden:

  • https://grandeguerre.icrc.org/en/File/Details/570638/1/2/

Auch in den Deutschen Verlustlisten und den Vermisstenlisten ist er als vermisst eingetragen worden, siehe:

  • http://des.genealogy.net/search/show/5002953
  • http://des.genealogy.net/search/show/9889327

Eine namentliche Grablagemeldung ist in den uns vorliegenden Kriegsgräberlisten leider nicht verzeichnet.

Wir entnehmen jedoch den Aufzeichnungen unseres Archivs, dass die im genannten Raum bei Rancourt gefallenen und dort bestatteten deutschen Soldaten nach dem Krieg und während der 1920er Jahre durch den französischen Gräberdienst ohne deutsche Beteiligung unter anderem auf den deutschen Soldatenfriedhof 1914/18 Rancourt umgebettet worden sind.

Bei diesen Umbettungen wurden nur die zu diesem Zeitpunkt anhand einer einwandfrei lesbaren Grabzeichenbeschriftung identifizierbaren Toten wieder in Einzelgräber bestattet. War dies infolge der verschiedensten Umstände nicht der Fall (zum Beispiel durch Witterungseinflüsse unleserlich gewordene Grabzeichenbeschriftungen) oder ruhten die Gefallenen bereits in einem gemeinsamen Grab (Mehrfachbelegung durch Überbettungen infolge Zeitmangels während der Kampfhandlungen), so bestattete der französische Gräberdienst diese nicht zu identifizierenden Kriegstoten in der Regel in Kameradengräbern als Unbekannte.

Sollten die Gebeine Ihres Urgroßvaters jemals gefunden worden sein, so konnte er vermutlich bei den Umbettungen nicht identifiziert werden. Daher ist es nicht auszuschließen, dass auch er in einem Einzel- oder Kameradengrab als Unbekannter (also nicht namentlich verzeichnet) ruht.

Um seinen Namen vor dem Vergessen zu bewahren, haben wir seine Personalien zum Gedenken für die deutsche Kriegsgräberstätte in Rancourt erfasst. Einen Auszug aus dem Gedenknamenbuch können Sie gern bei uns bestellen.

Rancourt, Département Somme, befindet sich ca. 19 km ostwärts von Albert. Der Friedhof ist von der französischen Militärbehörde 1920 angelegt worden und befindet sich seit 1929 in der Obhut des Volksbundes, der 1972 die alten Holzkreuze durch Grabzeichen aus Stein ersetzen sowie die Anlage landschaftsgärtnerisch gestalten ließ.

Hier ruhen 3 930 gefallene deutsche Soldaten in Einzelgräbern und 7 492 Gefallene, von denen 2 316 namentlich bekannt sind, fanden im Kameradengrab ihre letzte Ruhestätte.

26. April 2025